Basels Weg: Vom Elend zur Vorreiterrolle

In den 1980ern war Basel von der offenen Drogenszene gezeichnet. Heute gilt die Stadt als Vorreiterin progressiver Suchtpolitik. Die Geschichte einer Transformation.

Die dunklen Jahre

Sommer 1986: Im Kleinbasel bildete sich eine offene Drogenszene, die an die Zustände am berüchtigten Platzspitz in Zürich erinnerte. Vom Gebiet Greifengasse über den Rheinweg bis zum Lindenberg: überall sichtbares Elend. Verwahrloste Gestalten, Drogenhandel auf offener Strasse, eine überforderte Gesellschaft.

Es war die Zeit der Heroinwelle, die Europa überschwemmte. Gleichzeitig breitete sich das damals noch unbekannte HIV-Virus aus. Die Politik setzte auf Repression. Und scheiterte.

1986

Offene Drogenszene im Kleinbasel. Greifengasse, Rheinweg und Kaserne werden zu Hotspots.

1991

Thomas Kessler wird Drogendelegierter des Kantons Basel-Stadt. Beginn eines Paradigmenwechsels.

1994

Start der staatlich kontrollierten Heroinabgabe. Basel gehört zu den Pionierkantonen.

1999

Das Vier-Säulen-Modell wird schweizweit verankert. Prävention, Therapie, Schadensminderung, Repression.

2023

Start des Pilotprojekts «Weed Care»: kontrollierte Cannabisabgabe in Basel.

2025

Positive Zwischenbilanz: Reduziertes Suchtverhalten, weniger Angstsymptome bei den Teilnehmenden.

Der Paradigmenwechsel

Die Wende kam mit der Erkenntnis, dass Repression allein nicht funktioniert. Basel entwickelte, zusammen mit anderen Schweizer Städten, einen pragmatischen Ansatz: Wenn man die Sucht nicht verhindern kann, dann wenigstens den Schaden minimieren.

Dazu gehörten Kontaktläden, Notschlafstellen, Gassenküchen, aber auch medizinische Angebote der Suchthilfe Region Basel wie die Methadon-Substitution und schliesslich die kontrollierte Heroinabgabe. Was zunächst skandalös erschien, erwies sich als wirksam: Die Zahl der Drogentoten ging zurück, die Beschaffungskriminalität sank.

Das Schweizer Vier-Säulen-Modell wurde international beachtet und kopiert. Es zeigt, dass eine evidenzbasierte, pragmatische Drogenpolitik möglich ist, wenn man bereit ist, ideologische Scheuklappen abzulegen.

Weed Care: Das nächste Kapitel

Mit dem Pilotprojekt «Weed Care» schreibt Basel die Geschichte fort. Das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt koordiniert das Projekt. Seit Januar 2023 können Erwachsene im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie legal Cannabis aus Schweizer Bio-Produktion beziehen.

Die Zwischenbilanz vom März 2025 ist ermutigend: Bei den Teilnehmenden reduzierten sich Suchtverhalten, depressive Symptome und Angstsymptome. Als mögliche Gründe werden genannt: der Wegfall der Illegalität, das Vertrauen in sichere Produkte und die bessere Kontrolle des Konsums durch klare THC-Angaben.

Die Studie läuft bis 2027. Ihre Ergebnisse werden die Debatte um eine mögliche Legalisierung in der Schweiz massgeblich beeinflussen.